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PrimadonnaDas Mädchen von morgenBuch und Regie: Marta Savina Italien 2023 Sizilien in den 60er Jahren. Lia ist 21 Jahre alt, schön, eigenwillig und zurückhaltend, aber auch selbstbewusst. Sie arbeitet lieber mit ihrem Vater auf dem Feld, als der Mutter im Haushalt zu helfen. Lorenzo, der Sohn des mafiosen Großunternehmers im Dorf, ist von ihr fasziniert. Nach einem anfänglichen Flirt wagt sie jedoch, ihn zurückzuweisen. Da wendet er brutale Gewalt an. Nach der Tradition müsste sie ihn nun heiraten, denn eine „Wiedergutmachungsehe“ würde ihre „Ehre“ retten. Doch Lia tut, was niemand erwartet hätte: Sie zeigt Lorenzo als Vergewaltiger an und zieht in einen persönlichen und juristischen Kampf um ihre Selbstbestimmung. Eine mutige junge Frau, die ihrer Zeit voraus ist. Eine wahre Begebenheit, die in Italien seinerzeit riesiges Aufsehen erregte. Und ein packender Film, der mit Lias Kampf gegen patriarchale Moralvorstellungen eine Geschichte für die Gegenwart erzählt.
Das Bedürfnis, diesen Film zu machen, entspringt einer Reflexion über das Thema Selbstbestimmung. Ich habe mich schon immer dafür interessiert, wie man auf Gewalttaten und Übergriffe reagieren kann, ohne sich einerseits der Rache hinzugeben und andererseits zu vermeiden, zum Opfer zu werden. Außerdem hatte ich den Wunsch, von einem archaischen, an die Traditionen gebundenen Sizilien zu erzählen, das ich durch meine Familie väterlicherseits aus erster Hand kennengelernt habe, ohne aber in Klischees zu verfallen. So habe ich versucht, die Geschichte der Figuren über ein wildes und unzugängliches Gebiet wie die Nebrodi-Berge zu erzählen, wo die Dörfer immer noch zeitlos scheinen - und es war diese Dimension der "Zeitlosigkeit", die ich dem Film geben wollte, damit eine in den 60er Jahren angesiedelte Geschichte auch das heutige Publikum noch anspricht.
Marta Savinas schönem Debütfilm Primadonna basiert auf der Geschichte von Franca Viola, der ersten Frau, die sich in den 1960er Jahren in Sizilien gegen die sogenannte „Wiedergutmachungsehe“ mit ihrem Vergewaltiger auflehnte. Für die Regisseurin soll Primadonna jedoch kein strenges Doku-Drama sein, sondern steht vielmehr stellvertretend für alle Frauen und die vielen Geschichten von erlittener Gewalt, Ausgrenzung und dem Kampf um Selbstbestimmung. Auf der Leinwand vermischt sich Schwarz und Weiß zu Grautönen, Opfer und Täter entkommen den Klischees: Lia, das Opfer, ist nicht die typische positive Heldin, lieb, nett und brav. Ihr Verhalten ist manchmal schwer nachzuvollziehen, einerseits weigert sie sich standhaft, die aufgezwungene Ehe einzugehen, lässt sich aber nur schwer überreden, vor Gericht auszusagen. Lorenzo Musicò, der Sohn des Mafiabosses, der sie vergewaltigt hat, ist dagegen charmant und verführerisch. Primadonna ist ein durch und durch politischer Film, jedoch kein Manifest, sondern konzentriert sich auf die Emotionen. In der Geschichte gibt es mindestens drei Opfer, die alle irgendwann an einem Tisch sitzen: Lia, ihr homosexueller Anwalt und die Prostituierte Ines; sie sind die Außenseiter, die Unverstandenen, verbunden durch das gleiche Bedürfnis nach Befreiung.
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