LA NOSTRA VITA

UNSER LEBEN

Claudio De Rosa ist Bauarbeiter und junger Familienvater. Mit seinen beiden kleinen Söhnen und seiner Frau Elena lebt er in einem Vorort von Rom. Viel Geld hat die Familie nicht, doch sie sind zufrieden mit ihrem Leben. Das Glück wird jäh zerstört, als Elena unversehens bei der Geburt ihres dritten Jungen stirbt. Von heute auf morgen steht Claudio alleine mit den Kindern da. Doch er gibt nicht auf und will seine Familie alleine durchbringen. Im Unfalltod eines illegalen rumänischen Arbeiters auf der Baustelle sieht Claudio seine Chance. Er bringt seinen Chef dazu, ihn zu einem Subunternehmer mit eigener Baustelle zu ernennen. Damit setzt er aber eine Reihe von Ereignissen in Gang, die er schon bald nicht mehr unter Kontrolle hat…

In La nostra vita erzählt Regisseur Daniele Luchetti („Mein Bruder ist ein Einzelkind“)  eine packende Familienstory vor dem authentischen Hintergrund eines „Italien von unten“. Elio Germano als Claudio spielt mit einer schier unglaublichen Intensität und wurde beim Festival von Cannes zu Recht als Bester Darsteller ausgezeichnet. Als Zuschauer hat man das Gefühl, unmittelbar an seinem Leben und seiner unbändigen Energie teilzuhaben.  Ein starkes Stück italienischen Kinos, das  mitten ins Herz trifft.

Regie: Daniele Luchetti
Drehbuch: Daniele Luchetti, Sandro Petraglia, Stefano Rulli
Kamera: Claudio Collepiccolo
Schnitt: Mirco Garrone
Ausstattung: Cristian Marchetti
Musik: Franco Piersanti
Produktion: Marco Chimenz, Giovanni Stabilini, Riccardo Tozzi für Cattleya
Darsteller: Elio Germano (Claudio), Isabella Ragonese (Elena), Raoul Bova (Piero), Stefania Montorsi (Liliana), Luca Zingaretti (Ari), Giorgio Colangeli (Porcari), Alina Madalina Berzunteanu

Italien 2010
95 Minuten, OmU

Vor einiger Zeit drehte ich einen Dokumentarfilm über die besetzten Sozialwohnungen in Ostia. Bei dieser Gelegenheit lernte ich eine andere Art der Armut kennen, als ich sie vielleicht erwartet hatte. Ich sah dort Leben, Heiterkeit. Und ich habe mich so sehr darin verliebt, dass ich davon erzählen wollte. Also habe ich einen Filmhelden erschaffen, der in die Mechanismen der Arbeitswelt und des Baugewerbes verstrickt ist, der sich von ganz unten hochgearbeitet hat. Und der nie aufgibt, egal was passiert.
Daniele Luchetti

Das Italien von heute? Eine Baustelle voller Schwarzarbeiter auf der einen Seite, und diejenigen, die davon profitieren, auf der anderen. Ein Häuserblock, hochgezogen so gut es eben gerade ging, mit dünnen Wänden und schiefen Decken. Ein gefährlicher Ort, wo bei Arbeitsunfällen ums Leben Gekommene einfach verschwinden und vielleicht noch für krumme Zwecke missbraucht werden. Aber genauso, um bei der Baustellenmetapher zu bleiben, ein Wohnblock, in dem niemand Steuern zahlt, wo sich aber alle kennen und einander helfen. Denn im Grunde sind wir alle eine Familie und ohne die Familien, das weiß man ja, würde es das Land gar nicht geben. La nostra vita begibt sich auf die Suche nach den Orten unseres Daseins, die immer noch ohne Namen und ohne Geschichte sind, auf die Spur der neuen Vorstädte. Schlafstädte, die allerdings vor Leben und Widersprüchen nur so sprühen.
Fabio Ferzetti, Il Messaggero

La nostra vita ist auf einzigartige Weise aufrichtig, lebendig, unverfälscht, liebevoll und gelungen. Ein Film, der es schafft, anhand einer privaten Geschichte den Zustand eines ganzen italienischen Wirtschaftszweiges darzustellen. Eine hervorragende schauspielerische Leistung von Elio Germano, ein gut durchdachtes Drehbuch und ein Regisseur, der sein Werk mit menschlichem Realismus, Atmosphäre und authentischen Details auszustatten vermag. Neu daran ist Daniele Luchettis Art die Liebe darzustellen: eine verspielte, scherzhafte Liebe, körperlich und jung, die Mann und Frau ebenso verbindet wie den Vater und seine kleinen Kinder. Wir spüren sie in der Aufmerksamkeit und Sorge, mit der sich der Vater den Sprösslingen widmet, wenn er zum Beispiel für sie kocht, aber auch in der trockenen Zuneigung der Freunde, voll ehrlicher Offenherzigkeit, und in der einzigartigen Figur des Vorstadtdealers, der ein echter Freund und ein guter Mensch ist. Luchetti findet eine besondere Art, von der Welt des Baugewerbes zu erzählen: die multikulturellen Gruppen der Arbeiter, die sowohl freundschaftlich als auch erbarmungslos sein können, die betrügerischen Pfuschereien, der Krieg unter den Ärmsten, die Baukräne, die wie Unglücksboten in den Himmel ragen.
Lietta Tornabuoni, La Stampa

Daniele Luchetti wurde 1960 in Rom geboren. Er studierte Literaturwissenschaft und arbeitete als Regieassistent (u.a. für Nanni Moretti), bis er 1988 mit Domani accadrà seinen ersten Spielfilm drehte. Weiterhin ist Luchetti auch als Regisseur für Dokumentar- und Werbefilme tätig.

Spielfilme: Domani accadrà (1988), La settimana della sfinge (1990), Il portaborse (1991), Arriva la bufera (1993), La scuola (1995), I piccoli maestri (1998), Dillo con parole mie (2003), Mio fratello è figlio unico (2007), La nostra vita (2010).